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3 Notizen zu: Didier Eribon im Kunstverein in Hamburg, 26.10.2018
1 Es ist ein eher düsteres Bild, dass der französische Soziologe Didier Eribon in seinem 2009 erschienenen Buch "Rückkehr nach Reims" zeichnet; ein Buch, in dem er aus einer sehr persönlichen Perspektive aufzeigt, wie französische Arbeiter, die sich längst nicht mehr von den sozialistischen Parteien vertreten fühlen, immer mehr zur extremen Rechten abwandern.
2 Eribons Theorie für die Ursachen dieser Entwicklung: "Klassenverhältnisse" - die auch die aktuelle Ausstellung im Kunstverein beschwört, zu deren Eröffnung Eribon in Hamburg sprach - werden seit Jahrzehnten systematisch von allen Parteien des politischen Spektrums systematisch verschwiegen. Erst dadurch konnte sich die "Jeder kann alles schaffen"-Lüge des Neoliberalismus durchsetzen, die letzlich dafür verantwortlich ist, dass mittellose und entrechtete Bevölkerungsschichten keinerlei Identitäts- und Klassenbewusstsein haben, und sich daher problemlos mit ihren Ausbeutern solidarisieren, solange diese die gleiche Hautfarbe haben wie sie.
3 Dass strikte Klassengrenzen allerdings nach wie vor Realität sind, zeigt am Eröffnungsabend die Zusammensetzung des Publikum im Kunstverein: Wieviele Menschen im Publikum sind denn Fabrikarbeiter oder Kindermädchen?, fragt Eribon an einem Zeitpunkt und erntet Schweigen im Saal. Natürlich gehören wir nicht zur Arbeiterklasse! Aber Moment mal. Muss nicht ein Großteil der Kunstwelt, Künstler*innen genauso wie das zugehörige Galerie- und Theorie-Prekariat, täglich kellnern, babysitten oder Essen ausliefern, um unbezahlt geleistete Arbeit zu kompensieren und um steigende Mieten bezahlen zu können? 3 Notizen zu: Didier Eribon im Kunstverein in Hamburg, 26.10.2018