1.2.2023, Mittwoch 18:00 Uhr
1. Tag des Symposiums: Kontroverse documenta fifteen – Hintergründe, Einordnungen und Analysen
Ort:
- Aula, HFBK Hamburg
Die Weltkunstausstellung in Kassel löste im Sommer 2022 auf mehreren Ebenen große Kontroversen aus. Mit dem Symposium zur documenta fifteen möchte die HFBK Hamburg Hintergründe und Zusammenhänge analysieren, unterschiedliche Standpunkte ins Gespräch bringen und eine Debatte ermöglichen, die explizit den Antisemitismus im Kunstfeld thematisiert.
Welche geschichtspolitischen Kontinuitäten sind in der Genese der documenta erkennbar? Was wurde in der Auseinandersetzung abseits von künstlerischen Strategien und kuratorischem Konzept gegeneinander verhandelt? Wie lässt sich in einem enggeführten Diskursfeld öffentlich miteinander streiten? Das Symposium bietet Raum für divergente Positionen und will Perspektiven für die Gegenwart und Zukunft des Ausstellungmachens eröffnen.
Mittwoch, 1.2.2023
- 18 Uhr
Impuls, Katharina Fegebank (Wissenschaftssenatorin und 2. Bürgermeisterin Hamburg)
Einführung, Martin Köttering (Präsident, HFBK Hamburg) - 18:30 Uhr
Keynote Ambiguitätstoleranz auf dem Prüfstand. documenta fifteen und die jüdische Frage, Natan Sznaider (Professor für Soziologie, The Academic College of Tel Aviv-Yaffo) - 19:30 Uhr
Panel Antisemitismus im Kunstfeld. Geschichtspolitische Perspektiven auf die documenta, Oliver Marchart (Professor für Politische Theorie, Universität Wien), Meron Mendel (Professor für Soziale Arbeit, Frankfurt University of Applied Sciences, Direktor Bildungsstätte Anne Frank, Frankfurt a.M.), Julia Voss (Kunsthistorikerin und Mitarbeiterin im Präsidium des Deutschen Historischen Museums, Berlin), Moderation: Carsten Probst (Kunsthistoriker und Kulturjournalist, Berlin)
Im Anschluss an jedes Panel wird ein Publikumsgespräch angeboten, in deutscher und englischer Sprache (mit Simultanübersetzung)
Öffentliche Veranstaltung, Eintritt frei, Anmeldung nicht erforderlich, Einladung zum Download, Presse meldet sich bitte bei Sabine Boshamer: presse@hfbk.hamburg.de
Qualifizierte Kinderbetreuung wird kostenfrei angeboten, weitere Informationen hierzu: baerbel.hartje@hfbk.hamburg.de
Aufzeichnung der Keynote von Natan Sznaider unter https://mediathek.hfbk.net, zusätzlich ist eine Publikation geplant
Speaker
Martin Köttering
Prof. Martin Köttering ist seit 2002 Präsident der Hochschule für bildende Künste Hamburg und lehrt als Professor für Kunstvermittlung im Studienschwerpunkt Theorie und Geschichte. Er studierte Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis an der Universität Hildesheim und Bildende Kunst in Bath, England. Im Anschluss an das Studium wirkte er als Assistent von Jan Hoet an der documenta 9 mit. 1995 übernahm er die Leitung der Städtischen Galerie in Nordhorn und war Initiator, künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des offenen Museums kunstwegen. Hierfür realisierte er zahlreiche Ausstellungen, Publikationen und Projekte im öffentlichen Raum mit international renommierten Künstler*innen wie Mark Dion, Olafur Eliasson, Fischli/Weiss, Dan Graham, Katharina Grosse, Jenny Holzer oder Tobias Rehberger. Er ist Mitglied in verschiedenen Gremien, Aufsichtsräten und Stiftungen, etwa der Hamburg Media School, im Vorstand der Freunde der Kunsthalle Hamburg, im Kuratorium der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen oder im Stiftungsrat der Universität Hildesheim.
Oliver Marchart
Prof. Dr. Oliver Marchart – Mag.Dr.phil. (Universität Wien, Philosophie), PhD (University of Essex, Government), Doppelhabilitation für Philosophie und Soziologie (Universität Luzern) mit der Schrift „Das unmögliche Objekt. Eine postfundamentalistische Theorie der Gesellschaft“ – war von 2001 bis 2006 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Medienwissenschaften der Universität Basel und von 2006 bis 2012 SNF-Förderungsprofessor am Soziologischen Seminar der Universität Luzern. Anschließend hatte er von 2012 bis 2016 die Professur für Soziologie an der Kunstakademie Düsseldorf inne. Seit März 2016 ist er Professor für Politische Theorie an der Universität Wien. Darüber hinaus nahm er verschiedene Fellowships wahr. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Politische Theorie, Gesellschaftstheorie, Demokratietheorie, politische Ideengeschichte, Soziale Bewegungsforschung und politische Diskursanalyse. Aktuelle Veröffentlichungen sind „“Conflictual Aesthetics. Artistic Activism and the Public Sphere” (Berlin: Sternberg Press 2019); “Post-foundational Theories of Democracy. Re-claiming Freedom, Equality, Solidarity” (Edinburgh University Press 2021); “Hegenomy Machines: documenta X to fifteen and the Politics of Biennalization” (2022) sowie „Der demokratische Horizont. Politik und Ethik radikaler Demokratie“ (Berlin: Suhrkamp im Erscheinen).
Meron Mendel
Prof. Dr. Meron Mendel ist seit 2010 Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main und lehrt seit 2021 als Professor für transnationale Soziale Arbeit an der Frankfurt University of Applied Sciences. Er verbrachte seine Kindheit und Jugend im Kibbuz Mashabe Sade, engagierte sich schon früh in Friedensinitiativen, u.a. im Freundeskreis von Givat Haviva, und studierte nach dem Wehrdienst Geschichte und Erziehungswissenschaften (Bachelor 2000) und Jüdische Geschichte (Master 2002) in Haifa und München. 2010 wurde er an der Goethe-Universität Frankfurt mit einer Arbeit über „Lebenswelten jüdischer Jugendlicher in Deutschland“ im Fach Erziehungswissenschaften promoviert. Meron Mendel forscht u.a. zur Gegenwart des Antisemitismus und zur Zukunft der Erinnerungskultur und hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Fachaufsätze verfasst, Beiträge in deutschsprachigen Zeitungen veröffentlicht und Bücher herausgegeben, darunter zuletzt „Frenemies. Antisemitismus, Rassismus und ihre Kritikter*innen“ (2022) und „Trigger Warnung. Identitätspolitik zwischen Abwehr, Abschottung und Allianzen“ (2019). In März 2023 erscheint von ihm „Über Israel reden. Eine deutsche Debatte“
Carsten Probst
Carsten Probst, geboren in Hamburg, lebt als Autor, Kunstkritiker und Schriftsteller in Berlin. Schwerpunkte seiner Arbeit sind künstlerische Bildpraxis, Wissenskulturen und Kritikbegriffe in europäischen und außereuropäischen Modernen bis zur Gegenwart. Er ist Kunstkritiker für verschiedene Zeitschriften und den Deutschlandfunk mit dem Schwerpunkt moderne und Gegenwartskunst. Darüber hinaus lehrt er wissenschaftliche Schreibweisen im Graduiertenkolleg „Identität und Erbe“ der Bauhaus-Universität Weimar. Zu seinen letzten Veröffentlichungen gehören u.a.: „Falsche Fährten: Die documenta fifteen und ihre Rezeption in den Medien“ (Dez 2022, Texte zur Kunst); „Kunst und Heilung - Beuys und der Nationalsozialismus“, Essay (2021, in „Beuys‘ Nietzsche-Rezeption und sein Bildbegriff in der Auseinandersetzung mit der Shoah“); „More deeply suggestive than others – Erinnerung und Gegenwart in der Malerei von Song Hyun-Sook“ (2020); „Mechanismen der Verdrängung – 30 Jahre Kulturtransfer von West nach Ost“, Essay (Deutschlandfunk 2020). In Vorbereitung befindet sich der Essayband „Posthumanistische Bildbegriffe“ (Arbeitstitel). Carsten Probst wurde mit dem Anna Seghers Preis (2001) und diversen Autoren- und Kritikerstipendien ausgezeichnet.
Natan Sznaider
Prof. Dr. Natan Sznaider ist ein israelischer Soziologe und lehrt als Professor seit 1994 an der Akademischen Hochschule in Tel Aviv, seit 1996 als Lehrstuhlinhaber. 1992 wurde er mit der Arbeit „Die Sozialgeschichte von Mitleid“ an der Columbia University in New York promoviert. Er unterrichtete an der Columbia University, an der Hebräischen Universität in Jerusalem und der Ludwig-Maximilians-Universität München. 2022 war er auf Einladung von Michael Brenner Visiting Fellow am Center for Advanced Studies der LMU. Schwerpunkte seiner Forschung sind Kultursoziologie, Politische Theorie, Globalisierung, Kosmopolitismus, Erinnerung und Shoah sowie die jüdische politische Theorie von Hannah Arendt. Zusammen mit Daniel Levy prägte er die Begriffe des kosmopolitischen Gedächtnisses und der kosmopolitischen Erinnerung. Mit Alejandro Baer untersuchte er eine Ethik des Nie Wieder im spanischen und argentinischen Kontext. In seinem aktuellen Buch „Fluchtpunkte der Erinnerung: Über die Gegenwart von Holocaust und Kolonialismus“ begibt sich Sznaider auf die Suche nach einem erinnerungspolitischen und soziologischen Narrativ, dessen Ausgangsfrage lautet: Ist es und wird es möglich, der Opfer des Holocaust und des Kolonialismus zu gedenken, ohne Geschichte zu relativieren?
Julia Voss
Prof. Dr. Julia Voss ist Kunsthistorikerin, Wissenschaftshistorikerin, Kunstkritikerin und Mitarbeiterin im Präsidium des Deutschen Historischen Museums (DHM). Ihre Doktorarbeit schrieb sie über „Darwins Bilder. Ansichten der Evolutionstheorie, 1837-1874“ (S. Fischer Verlag 2007) und erhielt 2009 den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Seit 2015 lehrt sie als Honorarprofessorin am Institut für Philosophie und Kunstwissenschaft der Leuphana Universität in Lüneburg. Bis 2017 leitete sie das Kunstressort der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und war zudem stellvertretende Leiterin des Feuilletons. Im Jahr 2021 war sie Co-Kuratorin der Ausstellung „documenta. Politik und Kunst“ am DHM. Im Jahr 2020 erschien ihre Künstlerinbiografie „Die Menschheit in Erstaunen versetzen: Hilma af Klint“ (S. Fischer Verlag), die auf der Shortlist des Leipziger Buchmessen-Preises stand, zum SPIEGEL-Bestseller wurde und bisher auf Schwedisch und Englisch erschienen ist. Zuletzt veröffentlichte sie – zusammen mit Beate Söntgen – den Reader „Why Art Criticism?“ im Hatje Cantz Verlag.