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In der Schule der Folgenlosigkeit. Vorüberlegungen für eine Ethik

Im inneren Warteraum
Stellen Sie sich vor: Sie stehen an einer Wand des Raumes und starren auf den Boden. Sie wissen nicht, wie lange Sie das schon tun, und Sie wissen auch nicht, wie lange Sie das noch tun werden. Sie lehnen sich an die Wand, wollen auf ihre Uhr schauen. Aber die Uhr haben Sie vorhin abgelegt. Vor ihrem inneren Auge zieht der gestrige Tag vorbei, dann fällt Ihnen wieder die Anweisung ein, dass Sie an nichts denken sollen. Sie versuchen, die Gedanken zu vertreiben, schauen aus dem Fenster, beobachten die vorbeiziehenden Wolken, dabei kommt Ihnen der Streit vom Vorabend in den Sinn. Wieder versuchen Sie die Gedanken zu vertreiben, eine Verärgerung kommt in Ihnen hoch. Sie fragen sich, wie lange sie schon herumstehen. 10 Minuten? 30 Minuten? Oder doch schon eine Stunde? Sie wissen, dass Sie die Übung jederzeit abbrechen können, schließlich ist die Schule der Folgenlosigkeit nur eine App, die Sie auf Ihr Smartphone geladen haben. Aber irgendwie fühlen Sie sich herausgefordert, die Übung „Warten“ zu Ende zu führen, auch wenn Sie nicht wissen, wann der Timer endlich abgelaufen sein wird.

Folgenlosigkeit als neues ethisches Paradigma
Doch der Reihe nach. Wir leben in einer merkwürdigen Zeit, in der gleichzeitig nichts und doch alles möglich zu sein scheint. Vor allem aber leben wir gerade in einer Zeit, in der unser Handeln einem neuen gesellschaftlichem Paradigma unterworfen wird: der Folgenlosigkeit. Viele Kriterien, denen wir sonst unser Handeln unterwerfen, gelten in der gegenwärtigen, durch Covid-19 bestimmten Situation, nicht mehr. Es geht zum Beispiel nicht mehr darum, möglichst viel Geld zu verdienen oder möglichst viele Mitarbeitende zu führen, es geht nicht mehr darum – nach welchen Kriterien auch immer – erfolgreich zu sein, sondern um das Gegenteil: Wir wollen Sorge tragen, dass unser Handeln möglichst folgenlos bleibt. Konkret heißt das: Wir wollen die Wahrscheinlichkeit, im Falle einer Erkrankung andere anzustecken, reduzieren. Eine etwaige Erkrankung soll – für andere – möglichst folgenlos bleiben. Dieses neue Verhaltensmuster ist eine ethische Herausforderung, sie verlangt uns ein Umdenken ab. An die Stelle von „immer schneller“ tritt „mach mal langsam“, an die Stelle von „Action, Action, Action“, tritt das Nichtstun oder das Warten. Ein neues ethisches Paradigma. Ein neues regulatives Ideal entsteht: Die Folgenlosigkeit. Dieses neue Paradigma der Folgenlosigkeit ist uns fremd, die modernen Kulturen gehen vom Gegenteil aus. Die drei monotheistischen Religionen setzen eine große Folgenhaftigkeit allen irdischen Handelns für die jenseitige Zukunft voraus, das eigene Verhalten hat konkrete Folgen, die sich irgendwo zwischen Himmel und Hölle verorten lassen. Und auch das Karma-Konzept der indischen Religionen ist ein zutiefst an Folgen orientiertes. So beeinflusst beispielsweise im Buddhismus jedes Handeln im Hier und Jetzt nicht nur mein Leben in der Gegenwart, sondern sogar in welcher Form ich wiedergeboren werde. Erst das Leben nach dem Tod, sei es im Nirwana, sei es im postapokalyptischen himmlischen Jerusalem, ist folgenlos. Doch genau in dieser verstörenden Fremdheit liegt die Stärke der Folgenlosigkeit.

Das Ideal der Folgenlosigkeit und die ökologische Krise
Doch Folgenlosigkeit in den Kanon der regulativen Ideale – die in der westlichen Gesellschaft vom Dreiklang Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit dominiert werden – aufzunehmen, eröffnet eine interessante gesellschaftspolitische Perspektive auf die Post-Corona-Zeit, weil Folgenlosigkeit nicht nur in Hinblick auf die Eindämmung der Pandemie, sondern auch zur Bewältigung der ökologischen Krise fruchtbar sein könnte. Denn der bisherige Umgang mit den ökologischen Herausforderungen der Gegenwart (von Ressourcenverbrauch bis Klimawandel), der auf Nachhaltigkeit fokussiert, krankt daran, dass Nachhaltigkeit eben kein regulatives Ideal, sondern eine ökonomistische Technik ist. Statt zu überlegen, wie eine Welt aussähe, die sozial gerechter, ökologisch zukunftsfähiger und kulturell interessanter ist, fokussiert der gegenwärtige unter „Nachhaltigkeit“ subsummierte Diskurs auf Handlungen, die nachhalten, also bleiben. Der Nachhaltigkeits-Diskurs zielt auf die Handlungen. Wesentlich fruchtbarer wäre, statt in Folgen, in Unterlassungen zu denken. Eine Gesellschaft, die Folgenlosigkeit in den Mittelpunkt stellt – sei es, um die Ausbreitung einer Epidemie zu verhindern, sei es, um den ökologischen Kollaps abzuwenden – fragt nicht: „Was kann ich tun“, sondern: „Was tue ich (besser) nicht“. An die Stelle des Handelns tritt das Nicht-Handeln.

Folgenlosigkeit als individuelle Entlastung und Herausforderung
Nicht-Handeln widerspricht der protestantischen Ethik, die, folgt man dem Soziologen Max Weber, unsere gesellschaftliche Struktur maßgeblich geprägt hat. Und dennoch kann die Vorstellung, dass das eigene Handeln nicht immer fort etwas bewirken müsste, auch als Entlastung verstanden werden. Kein Erfolgsdruck, keine Zielvereinbarungsgespräche. Das, so könnte man sagen, ist die spaßige Seite der Folgenlosigkeit, die aber auch auf individueller Ebene eine schmerzhafte Seite hat. Es ist die, letztlich wenig überraschende Einsicht, dass das Leben keinen höheren Sinn hat, dass (bei fast allen Menschen) das eigene Streben – weltgeschichtlich vergeblich ist, während das alltägliche Tun (verantwortungsloser Konsum etc.) weltzerstörerisch ist. Ich bin ein Sandkorn im Meer der Zeit. Das tut jedem weh, der sich – in welchem Kontext auch immer – als Bedeutungsträger versteht, aber es ist perspektivisch auch entlastend. An die Stelle der Selbstversessenheit der Gegenwart tritt eine Selbstvergessenheit im positiven Sinne, nicht als Entfremdung vom Selbst, sondern als Befreiung von den geradezu überfordernden heutigen Ideologemen von Selbstwirksamkeit und Selbstverwirklichung; denen weder die realen Formen des Selbst noch die gegebenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen genügen können, und die oftmals zu Frustration und nicht zu einem glücklichen Leben führen. Statt weiter einer konsumistischen Selbstverwirklichung oder dem hohen Anspruch auf Selbstwirksamkeit hinterherzulaufen, geht es in der Schule der Folgenlosigkeit um das Gegenteil: Es geht um Selbstvergessenheit und die vielerorts noch ungeübte und deshalb schwierige Praxis des Verlernens.

Historische Vorläufer
Für Entlastung von den Belastungen des Selbst und dessen vermeintlicher Wirksamkeit gibt es eine Vielzahl von historischen Übungen, denn die Entlastung von eigener Selbstüberhöhung ist eine in vielen Kulturen verbreitete Praxis. Ein anschauliches Beispiel sind die tibetischen Mandalas. Bei diesen rituellen Zeichnungen werden komplexe geometrische Muster mit verschied gefärbtem Sand gezeichnet, um sie, unmittelbar nach Fertigstellung, wieder zu zerstören. Oder denken wir an auf Selbstvergessenheit zielende Tänze des Sufismus. Versucht man, diese Praxen in die Gegenwart zu übertragen, könnte für uns Verlernen im Mittelpunkt stehen. Doch bevor dieses beginnen kann, muss uns, wie die Theoretikerin Gayatri Chakravorty Spivak meint, bewusst werden, dass die eigenen, als erfolgreich angesehenen Verhaltensmuster auch ein Verlust sind, weil sie andere Formen der Welterfahrung ausschließen.

Praktische Konsequenzen
Was also lernt man in der Schule der Folgenlosigkeit? Man lernt Dinge nicht zu tun, man überlegt sich, welche Handlung, welches Verhalten, welche Tätigkeit, die man gewohnt und geübt ist, man in Zukunft unterlassen möchte. Kurzum: Man lernt, sich selbst mitsamt seiner auf Erfolg, auf Wirksamkeit, auf Folgen gepolten Identitätskonstruktion zu vergessen. Was das in der Praxis heißt? Der Architekt beginnt vielleicht, Leute dabei zu beraten, wie sie Bauen vermeiden, und stellt auf seine Webseite nicht voller Stolz die Gebäude, die er realisiert hat, sondern Beispiele, wie er bestehenden Bauten durch minimale Veränderungen eine neue Nutzungsmöglichkeit eröffnet hat, und der Designer behauptet auch nicht, dass ein Produkt, nur weil es aus recycelten Materialien besteht, unheimlich nachhaltig sei, sondern entwirft Nutzungsanleitungen, wie man die Dinge, die man besitzt, mit geringem materiellen oder zeitlichen Aufwand in Neues verwandelt.

Die Folgenlosigkeit der Folgenlosigkeit
Zum Abschluss gilt es, die Folgenlosigkeit der Folgenlosigkeit zu bedenken. Denn dieser Text, wenn er dem Paradigma der Folgenlosigkeit gehorchen soll, müsste selber folgenlos bleiben. Und das will er natürlich nicht. Sowieso ist Folgenlosigkeit nie erreichbar, weil alles Handeln oder Nicht-Handeln Folgen hat, seien sie intendiert oder nicht-intendiert. Dieses Paradox der Folgenlosigkeit lässt sich nicht durchbrechen, ist aber letztlich ein Phänomen, das alle regulativen Ideale betrifft. Totale Freiheit ist nicht erreichbar, da wir als Menschen immer an Gesellschaft und an unsere Körper und den damit verbundenen Einschränkungen gebunden sein werden. Und weil wir Menschen unterschiedlich sind und sein wollen, sind eben auch die Ideale Gleichheit und Gerechtigkeit relativ. Alle drei Ideale sind also unerreichbar – aber trotzdem erstrebenswert. Sie fungieren als regulative Orientierungsmarken, an denen wir unser eigenes Handeln orientieren. Sie helfen uns, unser Handeln zu bewerten. Gleiches gilt für die Folgenlosigkeit – sie ist unerreichbar. Aber wenn man nicht nur die aktuellen Herausforderungen, die sich aus der Corona-Krise ergeben, bewältigen will, sondern auch die ökologische Sackgasse und die damit verbundenen sozialen Verwerfungen, in die sich die Menschheit hineinmanövriert, verlassen will, kann das Streben nach Folgenlosigkeit ein – in aller seiner Paradoxalität – zielführendes Paradigma sein.



Der Essay von Friedrich von Borries erschien zuerst im Lerchenfeld-Magazin Nr. 55.

Es wird in Schwarz/Weiß die Nachaufnahme eines menschlichen Auges gezeigt. Auf der Pupille ist ein Atomstern zu sehen.

Still aus US Civil Defense Film Atomic Alert (1951), 10 min 34 sec, Courtesy of the Diefenbunker: Canada’s Cold War Museum.

Archives of the Body - The Body in Archiving

Mit einem Symposium, einer Ausstellung, einem Filmprogramm und einer digitalen Publikation untersucht das von Prof. Hanne Loreck und Vanessa Gravenor konzipierte Forschungsprojekt die Ordnungsform "Archiv" im Hinblick auf den menschlichen Körper. Welche Körperarchive und -diskurse haben sich durchgesetzt? Welche Potenziale für politisch-ästhetischen Widerstand und Aktivismus konnten und können entstehen?

Es ist eine abstrakte Malerei in unterschiedlichen Gelb-, Blau und hellen Brauntönen zu sehen. Ein Kreis in Beige lenkt den Fokus leicht auf die linke Bildhälfte.

Sharon Poliakine, Untitled, 2023, Öl auf Leinwand, Detail

Neue Partnerschaft mit der School of Arts der University of Haifa

Anlässlich einer neuen Partnerschaft mit der School of Arts der University of Haifa präsentiert die HFBK Hamburg eine Ausstellung der Künstler*innen Birgit Brandis, Sharon Poliakine und Studierender der HFBK.

Zwischen blauen Frühlingsblumen hindurch ist der Haupteingang der HFBK Hamburg mit seinem Portal zu erkennen.

Der Eingang der HFBK Hamburg im Frühling; Foto: Ronja Lotz

Aktuelle Ausstellungsempfehlungen

Derzeit finden zahlreiche Ausstellungen mit HFBK-Beteiligung statt. Wir stellen eine kleine Auswahl vor und laden zum Ausstellungsbesuch in der vorlesungsfreien Zeit.

Sieben Personen stehen vor einer bunten Wand aus unterschiedlich farbigen Stoffstreifen.

Besucher*innen der Jahresausstellung 2024; Foto: Lukes Engelhardt

Jahresausstellung 2024 an der HFBK Hamburg

Vom 9. - 11. Februar 2024 (jeweils 14 - 20 Uhr) präsentieren die Studierenden der HFBK Hamburg ihre künstlerischen Produktionen des letzten Jahres. Im ICAT ist neben der von Nadine Droste kuratierten Gruppenausstellung »Think & Feel! Speak & Act!« mit Arbeiten von Master-Studierenden auch die Präsentation der Austauschstudierenden des Goldsmiths, University of London, zu sehen.

Begutachtung der eingereichten Mappen durch die Aufnahmekommission

How to apply: Studium an der HFBK Hamburg

Vom 1. Februar bis 5. März 2024, 16 Uhr läuft die Bewerbungsfrist für ein Studium an der HFBK Hamburg. Alle wichtigen Infos dazu gibt es hier.

In der linken Bildhälfte wird ein Übermensch großes Objekt gezeigt. Ein aus Metall bestehender Kubus mit unterschiedlichen Objekten darin. Dahinter kann man vier Leinwände, die ein hochkantiges Format aufweisen, erahnen. An der rechten Wand steht eine Tischvitrine und an der Wand sind zwei großformatige Blätter angebracht.

Ausstellungsansicht des Hiscox Kunstpreises 2023; Foto: Tim Albrecht

(Ex)Changes of / in Art

Zum Jahresende ist an der HFBK Hamburg viel los: Ausstellungen im ICAT, die Open Studios der ASA-Studierenden in der Karolinenstraße, Performances in der Extended Library und Vorträge in der Aula Wartenau.

Extended Libraries

Wissen ist heute von überall und zeitunabhängig abrufbar. Welche Rolle(n) können dann noch Bibliotheken übernehmen? Wie können sie nicht nur als Wissensarchiv dienen, sondern die künstlerische Wissensproduktion unterstützen? Beispielhaft stellen wir Bibliotheksprojekte von Studierenden und Alumni sowie unseren neuen Wissensraum vor: die Extended Library.

Semestereröffnung 2023/24

Wir begrüßen die zahlreichen neuen Studierenden zum akademischen Jahr 2023/24 an der HFBK Hamburg. Ein herzliches Willkommen gilt auch den neuen Professor*innen, die wir Ihnen hier vorstellen möchten.

Auf einer Wand wurden Buchseiten mit Malereien und Zeichnungen in unterschiedlichen Formaten angebracht. Außerdem sind zwei Buchumschläge des Buches "Die Völker der Erde" zusehen.

Detailansicht Rajkamal Kahlon, People of the Earth (Die Völker der Erde), 2017 - 2021

And Still I Rise

Seit über 20 Jahren gilt das Interesse der US-amerikanischen Künstlerin Rajkamal Kahlon den Zusammenhängen von Ästhetik und Macht, die über historische und geografische Grenzen hinweg vornehmlich durch Gewalt organisiert sind. Mit dieser Einzelausstellung stellt die HFBK Hamburg das vielseitige Werk der Professorin für Malerei und Zeichnen erstmals dem Hamburger Kunstpublikum vor.

Eine Person steht an einem Mischpult auf der Bühne der Aula. Hinter ihr laufen bunte nonfigurative Bilder auf einer großen Leinwand. Im Vordergrund der Szene liegen die Besuchenden auf dem Boden, gebettet auf Kissen. Ein helles Licht strahlt aus der linken oberen Ecke in die Kamera.

Festival "Klassentreffen" von Prof. Michaela Melián, Konzert von Nika Son; Foto: Lukes Engelhardt

No Tracking. No Paywall.

Just Premium Content! Der (fehlende) Sommer bietet die ideale Gelegenheit, um Versäumtes nachzuholen. In der Mediathek der HFBK Hamburg lassen uns Lehrende, Studierende und Alumni an Wissen und Diskussionen teilhaben – an emotionalen Momenten und kontroversen Diskursen. Durch Podcasts und Videos bringen sie sich in aktuelle Debatten ein und behandeln wichtige Themen, die gerade im Fokus stehen.

Let's talk about language

An der HFBK Hamburg studieren aktuell ca. 350 internationale Studierende, die 55 unterschiedliche Sprachen sprechen – zumindest sind das die offiziellen Amtssprachen ihrer Herkunftsländer. Ein Viertel der Lehrenden hat einen internationalen Hintergrund. Tendenz steigend. Aber wie gehen wir im Alltag mit der Vielsprachigkeit der Hochschulmitglieder produktiv um? Welche Wege der Verständigung lassen sich finden? Die aktuelle Lerchenfeld-Ausgabe beschäftigt sich mit kreativen Lösungen im Umgang mit Mehrsprachigkeit und lässt zahlreiche ehemalige internationale Studierende zu Wort kommen.

In der Eingangshalle der HFBK steht eine Holzbude mit dem hinterleuchteten Schriftzug "Würstelinsel". Davor stehen ein paar Leute.

Hanna Naske, Würstelinsel, 2023, Installation in der Eingangshalle der HFBK Hamburg; Foto: Miriam Schmidt / HFBK

Graduate Show 2023: Unfinished Business

Vom 13. bis 16. Juli 2023 präsentieren 165 Bachelor- und Master-Absolvent*innen des Jahrgangs 2022/23 ihre Abschlussarbeiten aus allen Studienschwerpunkten. Unter dem Titel Final Cut laufen zudem alle Abschlussfilme auf großer Leinwand in der Aula der HFBK Hamburg.

Ein verkleideter Mann mit Sonnenbrille hält ein Schild in Sternform in die Kamera. Darauf steht "Suckle". Das Bild ist in Schwarz-Weiß aufgenommen.

Foto: Honey-Suckle Company

Let`s work together

Kollektive haben Konjunktur im Kunstbetrieb. Und das schon seit mehreren Jahrzehnten. Zum Start des Sommersemesters 2023 widmet sich die aktuelle Ausgabe des Lerchenfeld-Magazins dem Thema der kollektiven Praxis, stellt ausgewählte Kollektive vor und geht aber auch den Gefahren und Problemen kollektiven Arbeitens nach.

Jahresausstellung 2023, Arbeit von Toni Mosebach / Nora Strömer; Foto: Lukes Engelhardt

Jahresausstellung 2023 an der HFBK Hamburg

Vom 10.-12. Februar präsentieren Studierende aus allen Schwerpunkten ihre künstlerischen Arbeiten im Gebäude am Lerchenfeld, in der Wartenau 15 und im AtelierHaus. Im dort ansässigen ICAT kuratiert Tobias Peper, Künstlerischer Leiter des Kunstvereins Harburger Bahnhof, eine Ausstellung mit HFBK-Masterstudierenden. Zudem stellen dort 10 Austauschstudierende des Goldsmiths, University of London ihre Arbeiten aus.

Symposium: Kontroverse documenta fifteen

Mit dem Symposium zur documenta fifteen am 1. und 2. Februar 2023 möchte die HFBK Hamburg Hintergründe und Zusammenhänge analysieren, unterschiedliche Standpunkte ins Gespräch bringen und eine Debatte ermöglichen, die explizit den Antisemitismus im Kunstfeld thematisiert. Die Veranstaltung bietet Raum für divergente Positionen und will Perspektiven für die Gegenwart und Zukunft des Ausstellungmachens eröffnen.

ASA Open Studios im Wintersemester 2021/22; Foto: Marie-Theres Böhmker

ASA Open Studios im Wintersemester 2021/22; Foto: Marie-Theres Böhmker

Das Beste kommt zum Schluss

Zum Jahresende finden nochmals zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen mit HFBK-Kontext statt. Einige davon tragen wir hier zusammen. Auch einen kurzen Ausblick auf zwei Vorträge im Rahmen des Professionalisierungsprogramms im Januar finden sich in darunter.

Non-Knowledge, Laughter and the Moving Image, Grafik: Leon Lothschütz

Non-Knowledge, Laughter and the Moving Image, Grafik: Leon Lothschütz

Festival und Symposium: Non-Knowledge, Laughter and the Moving Image

Als abschließender Teil des künstlerischen Forschungsprojekts laden das Festival und Symposium vom 24.-27. November 2022 zu Vorführungen, Performances, Vorträgen und Diskussionen ein, die das Potenzial der bewegten Bilder und des (menschlichen und nicht-menschlichen) Körpers erforschen, unseren gewohnten Kurs umzukehren und die herrschende Ordnung der Dinge zu verändern.

Blick in die vollbesetzte Aula zum Semesterstart; Foto: Lukas Engelhardt

Blick in die vollbesetzte Aula zum Semesterstart; Foto: Lukas Engelhardt

Herzlich willkommen - und los geht's!

Wir freuen uns, zum Wintersemester 2022/23 viele neue Gesichter an der HFBK Hamburg begrüßen zu können. Einige Informationen und Hintergründe zu unseren neuen Professor*innen und Gastprofessor*innen stellen wir hier zusammen.

Einzelausstellung von Konstantin Grcic

Vom 29. September bis 23. Oktober 2022 zeigt Konstantin Grcic (Professor für Industriedesign) im ICAT - Institute for Contemporary Art & Transfer der HFBK Hamburg eine raumgreifende Installation aus von ihm gestalteten Objekten und bereits existierenden, neu zusammengestellten Gegenständen. Parallel wird der von ihm konzipierte Raum für Workshops, Seminare und Büro-Arbeitsplätze im AtelierHaus in Betrieb genommen.

Amna Elhassan, Tea Lady, Öl auf Leinwand, 100 x 100 cm

Amna Elhassan, Tea Lady, Öl auf Leinwand, 100 x 100 cm

Kunst und Krieg

„Jeder Künstler ist ein Mensch“. Diese so zutreffende wie existenzialistische Feststellung von Martin Kippenberger (in ironischer Umformulierung des bekannten Beuys Zitats) bringt es in vielerlei Hinsicht auf den Punkt. Zum einen erinnert sie uns daran, nicht wegzusehen, (künstlerisch) aktiv zu handeln und unsere Stimmen zu erheben. Gleichzeitig ist sie eine Ermahnung, denen zu helfen, die in Not sind. Und das sind im Moment sehr viele Menschen, unter ihnen zahlreiche Künstler*innen. Deshalb ist es für Kunstinstitutionen wichtig, nicht nur über Kunst, sondern auch über Politik zu diskutieren.

Merlin Reichert, Die Alltäglichkeit des Untergangs, Installation in der Galerie der HFBK; Foto: Tim Albrecht

Graduate Show 2022: We’ve Only Just Begun

Vom 8. bis 10. Juli 2022 präsentieren mehr als 160 Bachelor- und Master-Absolvent*innen des Jahrgangs 2021/22 ihre Abschlussarbeiten aus allen Studienschwerpunkten. Unter dem Titel Final Cut laufen zudem alle Abschlussfilme auf großer Leinwand in der Aula der HFBK Hamburg. Parallel ist in der Galerie der HFBK im Atelierhaus die Ausstellung der sudanesischen Gastlektorin Amna Elhassan zu sehen.

Grafik: Nele Willert, Dennise Salinas

Grafik: Nele Willert, Dennise Salinas

Der Juni lockt mit Kunst und Theorie

So viel Programm war schon lange nicht mehr: Ein dreitägiger Kongress zur Visualität des Internets bringt internationale Webdesigner*innen zusammen; das Forscher*innenkollektiv freethought diskutiert über die Rolle von Infrastrukturen und das Symposium zum Abschied der Professorin Michaela Ott greift zentrale Fragen ihrer Forschungstätigkeit auf.

Renée Green. ED/HF, 2017. Film still. Courtesy of the artist, Free Agent Media, Bortolami Gallery, New York, and Galerie Nagel Draxler, Berlin/Cologne/Munich.

Renée Green. ED/HF, 2017. Film still. Courtesy of the artist, Free Agent Media, Bortolami Gallery, New York, and Galerie Nagel Draxler, Berlin/Cologne/Munich.

Finkenwerder Kunstpreis 2022

Der 1999 vom Kulturkreis Finkenwerder e.V. initiierte Finkenwerder Kunstpreis hat eine Neuausrichtung erfahren: Als neuer Partner erweitert die HFBK Hamburg den Preis um den Aspekt der künstlerischen Nachwuchsförderung und richtet ab 2022 die Ausstellung der Prämierten in der HFBK Galerie aus. Mit dem diesjährigen Finkenwerder Kunstpreis wird die US-amerikanische Künstlein Renée Green ausgezeichnet. Die HFBK-Absolventin Frieda Toranzo Jaeger erhält den Finkenwerder Förderpreis der HFBK Hamburg.

Amanda F. Koch-Nielsen, Motherslugger; Foto: Lukas Engelhardt

Amanda F. Koch-Nielsen, Motherslugger; Foto: Lukas Engelhardt

Nachhaltigkeit im Kontext von Kunst und Kunsthochschule

Im Bewusstsein einer ausstehenden fundamentalen gesellschaftlichen Transformation und der nicht unwesentlichen Schrittmacherfunktion, die einem Ort der künstlerischen Forschung und Produktion hierbei womöglich zukommt, hat sich die HFBK Hamburg auf den Weg gemacht, das Thema strategisch wie konkret pragmatisch für die Hochschule zu entwickeln. Denn wer, wenn nicht die Künstler*innen sind in ihrer täglichen Arbeit damit befasst, das Gegebene zu hinterfragen, genau hinzuschauen, neue Möglichkeiten, wie die Welt sein könnte, zu erkennen und durchzuspielen, einem anderen Wissen Gestalt zu geben

Atelier-Neubau in der Häuserflucht am Lerchenfeld

Atelier-Neubau in der Häuserflucht am Lerchenfeld, im Hintergrund der Bau von Fritz Schumacher; Foto: Tim Albrecht

Raum für die Kunst

Nach mehr als 40 Jahren intensiven Bemühens wird für die HFBK Hamburg ein lang gehegter Traum Wirklichkeit. Mit dem neu eröffneten Ateliergebäude erhalten die Studienschwerpunkte Malerei/Zeichnen, Bildhauerei und Zeitbezogene Medien endlich die dringend benötigten Atelierräume für Master-Studierende. Es braucht einfach Raum für eigene Ideen, zum Denken, für Kunstproduktion, Ausstellungen und als Depot.

Martha Szymkowiak / Emilia Bongilaj, Installation “Mmh”; Foto: Tim Albrecht

Martha Szymkowiak / Emilia Bongilaj, Installation “Mmh”; Foto: Tim Albrecht

Jahresausstellung 2022 an der HFBK Hamburg

Nach der digitalen Ausgabe im letzten Jahr, findet die Jahresausstellung 2022 an der HFBK Hamburg wieder mit Publikum statt. Vom 11.-13. Februar präsentieren die Studierenden aus allen Studienschwerpunkten ihre künstlerischen Arbeiten im Gebäude am Lerchenfeld, in der Wartenau 15 und im neu eröffneten Atelierhaus.

Annette Wehrmann, photography from the series Blumensprengungen, 1991-95; Foto: Ort des Gegen e.V., VG-Bild Kunst Bonn

Annette Wehrmann, photography from the series Blumensprengungen, 1991-95; Foto: Ort des Gegen e.V., VG-Bild Kunst Bonn

Conference: Counter-Monuments and Para-Monuments

The international conference at HFBK Hamburg on December 2-4, 2021 – jointly conceived by Nora Sternfeld and Michaela Melián –, is dedicated to the history of artistic counter-monuments and forms of protest, discusses aesthetics of memory and historical manifestations in public space, and asks about para-monuments for the present.

23 Fragen des Institutional Questionaire, grafisch umgesetzt von Ran Altamirano auf den Türgläsern der HFBK Hamburg zur Jahresausstellung 2021; Foto: Charlotte Spiegelfeld

23 Fragen des Institutional Questionaire, grafisch umgesetzt von Ran Altamirano auf den Türgläsern der HFBK Hamburg zur Jahresausstellung 2021; Foto: Charlotte Spiegelfeld

Diversity

Wer spricht? Wer malt welches Motiv? Wer wird gezeigt, wer nicht? Identitätspolitische Fragen spielen in der Kunst und damit auch an der HFBK Hamburg eine wichtige Rolle. Das hochschuleigene Lerchenfeld-Magazin beleuchtet in der aktuellen Ausgabe Hochschulstrukturen sowie Studierendeninitiativen, die sich mit Diversität und Identität befassen.

Foto: Klaus Frahm

Foto: Klaus Frahm

Summer Break

Die HFBK Hamburg befindet sich in der vorlesungsfreien Zeit, viele Studierende und Lehrende sind im Sommerurlaub, Kunstinstitutionen haben Sommerpause. Eine gute Gelegenheit zum vielfältigen Nach-Lesen und -Sehen:

ASA Open Studio 2019, Karolinenstraße 2a, Haus 5; Foto: Matthew Muir

ASA Open Studio 2019, Karolinenstraße 2a, Haus 5; Foto: Matthew Muir

Live und in Farbe: die ASA Open Studios im Juni 2021

Seit 2010 organisiert die HFBK das internationale Austauschprogramm Art School Alliance. Es ermöglicht HFBK-Studierenden ein Auslandssemester an renommierten Partnerhochschulen und lädt vice versa internationale Kunststudierende an die HFBK ein. Zum Ende ihres Hamburg-Aufenthalts stellen die Studierenden in den Open Studios in der Karolinenstraße aus, die nun auch wieder für das kunstinteressierte Publikum geöffnet sind.

Studiengruppe Prof. Dr. Anja Steidinger, Was animiert uns?, 2021, Mediathek der HFBK Hamburg, Filmstill

Studiengruppe Prof. Dr. Anja Steidinger, Was animiert uns?, 2021, Mediathek der HFBK Hamburg, Filmstill

Vermitteln und Verlernen: Wartenau Versammlungen

Die Kunstpädagogik Professorinnen Nora Sternfeld und Anja Steidinger haben das Format „Wartenau Versammlungen“ initiiert. Es oszilliert zwischen Kunst, Bildung, Forschung und Aktivismus. Ergänzend zu diesem offenen Handlungsraum gibt es nun auch eine eigene Website, die die Diskurse, Gespräche und Veranstaltungen begleitet.

Ausstellungsansicht "Schule der Folgenlosigkeit. Übungen für ein anderes Leben" im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg; Foto: Maximilian Schwarzmann

Ausstellungsansicht "Schule der Folgenlosigkeit. Übungen für ein anderes Leben" im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg; Foto: Maximilian Schwarzmann

Schule der Folgenlosigkeit

Alle reden über Folgen: Die Folgen des Klimawandels, der Corona-Pandemie oder der Digitalisierung. Friedrich von Borries (Professor für Designtheorie) dagegen widmet sich der Folgenlosigkeit. In der "Schule der Folgenlosigkeit. Übungen für ein anderes Leben" im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg verknüpft er Sammlungsobjekte mit einem eigens für die Ausstellung eingerichteten „Selbstlernraum“ so, dass eine neue Perspektive auf „Nachhaltigkeit“ entsteht und vermeintlich allgemeingültige Vorstellungen eines „richtigen Lebens“ hinterfragt werden.

Jahresausstellung 2021 der HFBK Hamburg

Jahresausstellung einmal anders: Vom 12.-14. Februar 2021 hatten die Studierenden der Hochschule für bildende Künste Hamburg dafür gemeinsam mit ihren Professor*innen eine Vielzahl von Präsentationsmöglichkeiten auf unterschiedlichen Kommunikationskanälen erschlossen. Die Formate reichten von gestreamten Live-Performances über Videoprogramme, Radiosendungen, eine Telefonhotline, Online-Konferenzen bis hin zu einem Webshop für Editionen. Darüber hinaus waren vereinzelte Interventionen im Außenraum der HFBK und in der Stadt zu entdecken.

Katja Pilipenko

Katja Pilipenko

Semestereröffnung und Hiscox-Preisverleihung 2020

Am Abend des 4. Novembers feierte die HFBK die Eröffnung des akademischen Jahres 2020/21 sowie die Verleihung des Hiscox-Kunstpreises im Livestream – offline mit genug Abstand und dennoch gemeinsam online.

Ausstellung Transparencies mit Arbeiten von Elena Crijnen, Annika Faescke, Svenja Frank, Francis Kussatz, Anne Meerpohl, Elisa Nessler, Julia Nordholz, Florentine Pahl, Cristina Rüesch, Janka Schubert, Wiebke Schwarzhans, Rosa Thiemer, Lea van Hall. Betreut von Prof. Verena Issel und Fabian Hesse; Foto: Screenshot

Ausstellung Transparencies mit Arbeiten von Elena Crijnen, Annika Faescke, Svenja Frank, Francis Kussatz, Anne Meerpohl, Elisa Nessler, Julia Nordholz, Florentine Pahl, Cristina Rüesch, Janka Schubert, Wiebke Schwarzhans, Rosa Thiemer, Lea van Hall. Betreut von Prof. Verena Issel und Fabian Hesse; Foto: Screenshot

Digitale Lehre an der HFBK

Wie die Hochschule die Besonderheiten der künstlerischen Lehre mit den Möglichkeiten des Digitalen verbindet.

Alltagsrealität oder Klischee?; Foto: Tim Albrecht

Alltagsrealität oder Klischee?; Foto: Tim Albrecht

Absolvent*innenstudie der HFBK

Kunst studieren – und was kommt danach? Die Klischeebilder halten sich standhaft: Wer Kunst studiert hat, wird entweder Taxifahrer, arbeitet in einer Bar oder heiratet reich. Aber wirklich von der Kunst leben könnten nur die wenigsten – erst Recht in Zeiten globaler Krisen. Die HFBK Hamburg wollte es genauer wissen und hat bei der Fakultät der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg eine breit angelegte Befragung ihrer Absolventinnen und Absolventen der letzten 15 Jahre in Auftrag gegeben.

Ausstellung Social Design, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Teilansicht; Foto: MKG Hamburg

Ausstellung Social Design, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Teilansicht; Foto: MKG Hamburg

Wie politisch ist Social Design?

Social Design, so der oft formulierte eigene Anspruch, will gesellschaftliche Missstände thematisieren und im Idealfall verändern. Deshalb versteht es sich als gesellschaftskritisch – und optimiert gleichzeitig das Bestehende. Was also ist die politische Dimension von Social Design – ist es Motor zur Veränderung oder trägt es zur Stabilisierung und Normalisierung bestehender Ungerechtigkeiten bei?