3 Notizen zu: Edith Dekyndt, The White, The Black, The Blue, Kunsthaus Hamburg
1 Eine kaputte Markise, ein in Kaffee getauchter Vorhang, Einmachgläser mit Undefinierbarem und nasse Wäsche auf einem Ledersofa. Und vor allem: Kühlschränke und Gefriertruhen, drapiert auf einem Bett aus zerbrochenem Sicherheitsglas. Es ist Wohlstandsmüll, den Edith Dekyndt als Ausgangsmaterial in ihrer Ausstellung "The White, The Black, The Blue" im Hamburger Kunsthaus verteilt.
2 "Weiße Ware" im White Cube also. Aber um Umwelt, um den Klimawandel geht es nur bedingt in Dekyndts Szenario. Das Geflecht der Bezüge verweist vielmehr direkt auf Hamburgs Rolle in der Welt: Täglich werden solche gebrauchten und halbkaputten Kühlschrank-Leichen nämlich vom Hamburger Hafen direkt nach Afrika verschifft, stehen in der Ausstellung also als anklagendes Symbol für die problematischen Seiten des Nord-Süd-Handels, bei dem Europa noch aus Schrott Gold macht.
3 Aber Dekyndt geht noch weiter: Denn das lose Durcheinander der teils laufenden Kühltruhen in Mitten der Glasscherben, so entnimmt man dem Saaltext, ist vor allem eine Aktualisierung von Caspar David Friedrichs Gemälde "Eismeer" (1823), das nur wenige Meter weiter, in der Hamburger Kunsthalle hängt. Das "Eismeer", so liest man weiter, war ursprünglich Teil eines Bildpaares, dessen verschollenes Pendant nicht den schroffen Norden, sondern den "Fruchtbaren Süden" der damaligen europäischen Kolonien zeigte. In ihrer Aktualisierung des Bildes aus aktuellem Material also spannt Deykind einen beeindruckend weiten historischen Bogen. Und zeigt in ihrem simplen, aber präzisen Bild, dass sich unser Verhältnis zum "Paradies" des globalen Südens - zwischen Südseeträumen und wirtschaftlicher Ausbeutung - seit 200 Jahren kaum verändert hat. #kunsthaus #dekyndt