3 Notizen zu: Stipendium fürs Nichtstun, Friedrich von Brorries/ MKG Hamburg
1 Soll man sich bewerben oder doch nicht? Ist das wirklich ernstgemeint? Ist das nicht unmoralisch? Und was sind das denn für Bewerbungsfragen? Wenn es Friedrich von Borries mit seinen gerade ausgeschriebenen "Stipendien fürs Nichtstun" vor allem darauf angelegt hat, ins Gespräch zu kommen, dann hat er es auf jeden Fall geschafft; über kaum ein Stipendium hat man in letzter Zeit so kontrovers diskutiert, und sogar die Mopo widmete dem Projekt unter dem Titel Reißer-Titel "Belohnung für Faulpelze" einen kleinen Artikel.
2 Was sich zunächst in die immer gerade wieder aufflammende Debatte um ein bedingungsloses Grundeinkommen einzureihen scheint, hat für von Borries aber noch viel weitere Implikationen. Ihm geht es in seiner "Schule der Folgenlosigkeit", die dieses Projekt begleitet, gleich ganz um die "Abkehr vom Leistungsdenken": Muss man wirklich immer mehr Projekte anhäufen? Ist der Welt nicht vielleicht mehr gedient, wenn man einfach mal gut sein lässt? Weniger Ressourcen verbraucht, weniger CO2 ausstößt, weniger Schrott produziert - vor allem, wenn man von seinen unzähligen Unternehmungen sowieso nicht leben kann? (So präsentiert sich von Borries vielleicht als legitimer Nachfolger des Haus Bartleby, das schon 2014 zur Karriereverweigerung aufrief und sich konsequenterweise 2017 auflöste.)
3 Tatsächlich scheint von Borries da einen wunden Punkt zu treffen, wenn man stichprobenartig geführte Gespräche im Hamburger Kulturbetrieb als allgemeinen Tenor ansehen möchte: "Aber ich will doch meine Projekte realisieren!" hört man da oft, "warum sollte ich mich da bewerben?" Die Angst davor, beim temporären Aussteigen den Anschluss zu verpassen, die Karriere zu killen, scheint noch größer als der Stipendienjagdinstinkt - und der Tatendrang ist offenbar riesig. Tatsächlich scheint es also höchste Zeit für die Imagekampagne fürs Nichtstun zu sein. Aber halt: ganz ohne Aufgabe kommt nicht einmal dieses Stipendium aus. Am Ende schreibt man auch hier - wie immer - den Abschlussbericht.