Auf rhizome.hfbk.net: Die neue Tresen-Kolumne
Rechnungen
Es ist wieder Prüfungszeit an der HFBK Hamburg, und die Gänge sind voll mit hastig räumenden, bauenden und putzenden Menschen. Irgendwann fängt das große Warten an, am Prüfungstag, dann ist es ganz still auf dem Flur, und aus den Räumen schauen suchende Gesichter, reiben sich die schwitzigen Hände und warten auf die verspätete Kommission, und irgendwann beginnt sie dann, die halbe Stunde Blindflug. Dabei: Vor dieser Prüfung muss sich niemand fürchten, da wird keine Zukunft beschlossen und die Geschichten von Leuten, die durchgefallen sind, geistern als Hochschulmythos durch die Klassen.
Es geht einfach ganz normal weiter. Man kann sich dann bei der KSK bewerben, oder man lässt sich irgendwo pro forma auf 451 Euro anstellen und ist dann so versichert. Die Kontoführung kostet 4 Euro im Monat, sonst verändert sich für die meisten wenig. Ein paar werden ihr Glück versuchen und sich auf Stipendien bewerben, von Residency zu Residency ziehen, immer ein Jahr hier und ein Jahr dort sein, andere machen ganz was anderes. Nach der Note, die dann im Zeugnis steht, wird nie jemand fragen. Die Galerien wollen es nicht sehen und für andere Jobs ist es das falsche Zeugnis. Wenn man Teil des Programms einer Galerie wird, dann kann man, je nach Größe der Galerie, dort im Jahr eine Ausstellung machen plus Messebeteiligung. Wenn man drei Arbeiten verkauft und der Deal wie üblich 50/50 ist, kommen im Jahr sechs- bis neuntausend Euro zusammen. Dann fehlen noch 6.401 bzw. 3.401 Euro, um es über die sogenannte „Armutsgefährdungsgrenze“ zu schaffen. Entweder man hat eine zweite oder dritte Galerie, ein Stipendium oder einen Job, der im Monat 600 Euro abwirft, am besten beides.
Das Wichtigste aber ist das Wissen darüber, dass es viele Menschen gibt, die in derselben Situation sind oder waren, die man fragen kann, mit denen man sich austauschen kann, Ängste und Ideen teilen kann. Niemand muss da alleine durch. Das ändert sich wirklich nie.