Die Tresen-Kolumne: Zwiebel-Schälen
Zwiebel-Schälen
Heute ist der nächste (und letzte) Tag des Jahres, dem für Viele eine drückende Bedeutung inneliegt. Ich stand gestern außerordentlich am Tresen, es wurde gemunkelt, es würde voll werden. Leute peitschen sich schon mal ein für den Abend der Abende. Es kamen nur eine handvoll Menschen, saßen einzeln an Tischen und schauten den Autos beim Verlassen der Stadt zu, die Finger unruhig an den Zigaretten. K. ist neulich gestorben und ihr Mann* H. stand lange zögerlich wankend vor der dunklen Biergrotte. Wortlos ging er nach einer Weile weiter. Den Trauernden muss man freundlich zunicken, den Fröhlichen ernst. So geht es allen mittel ok, das muss reichen. Paritätisch ausgerollt wie ein Plätzchenteig, ausgestochen und gebacken: kleine Sterne, Schweinchen, Tannenbäume. Sie alle teilen sich in etwa die selbe Dicke Trauerteig. Das ist meine Aufgabe, da zu vermitteln, auszurollen, das kann ich gut. Das erinnert mich an ein merkwürdiges Gedicht von Aleister Crowley, das mir immer mal wieder im Kopf rumspukt. Ich glaube, er konnte da auch ganz gut vermitteln.
Das Gedicht heißt „Zwiebel-Schälen“ und es geht so:
„Das Universum ist der Praktische Witz des Allgemeinen auf Kosten des Besonderen, zitierte FRATER PERDURABO und lachte. Aber jene Schüler, die ihm am nächsten waren weinten, in dem sie die Universale Trauer sahen. Jene, nach diesen, lachten, denn sie sahen den Universalen Witz. Unterhalb von diesen weinten bestimmte Schüler. Dann lachten bestimmte. Andere als nächstes weinten. Andere als nächstes lachten. Als nächstes weinten andere. Als nächstes lachten andere. Als letztes kamen jene, die weinten, weil sie den Witz nicht sehen konnten und jene, die lachten, damit man von ihnen nicht denken sollte, sie würden den Witz nicht erkennen und es als das Beste ansahen, wie FRATER PERDURABO zu handeln. Aber obwohl FRATER PERDURABO offen lachte, weinte er auch zur gleichen Zeit insgeheim; und in Sich Selbst lachte Er, weder noch weinte Er. Noch meinte Er, was er sagte.“ [sic]