Neu auf rhizome.hfbk.net: Die Kolumne "Der Tresen"
„Ich bin der Tiger von St. Pauli“ presste der Mann vor meinem Tresen mit hochrotem Kopf hervor und schlug mit der flachen Hand seiner Partnerin auf die Stelle zwischen Hintern und Steißbein. Alle lachten, sie lachte, wie soll jemand dieser Situation begegnen? Menschen machen Gewalterfahrungen, tagtäglich, minütlich, sekündlich.
Auf der verlorenen Dauerkarte für die Gegengerade am Millerntor steht: „Kein Fußball den Faschisten.“ Das ist wirklich eine gute Idee. Ich frage mich nur: wie viel ist damit getan, dass diese Menschen laut Dauerkartenbeschriftung Antifaschisten sind? Ich glaube: absolut gar nichts. Nicht, wenn ihre Version von Widerständigkeit die gleichen gewaltsamen und vor allem patriarchalen Konzepte von Hegemonie haben wie alle anderen Männerclubs auch: Laut sein, stark sein, die anderen wegballern. Das ist Progressivität für Denkzwerge. In die Falle der Vorschusscredibility läuft man (ich, Leute, etc.) auch in der Bewertung der Institutionen und Player im Kulturbetrieb.
Der Faschismus ist eine, vielleicht die ausgeprägteste, Spielart patriarchaler Strukturen, der auf Individualität, Dominanz, Kreativität und Konkurrenz gebaute Kunstbetrieb eine andere (von vielen vielen vielen). Oder kann sich hier jemand daran erinnern, am demokratischen Prozess seiner Strukturwerdung beteiligt gewesen zu sein?
Wikipedia formuliert meine Hoffnung in die Zukunft so:
„Während die Tigerbestände in der Wildnis weiterhin abnehmen, existiert eine große Zahl von Tigern verschiedener Unterarten in Gefangenschaft. Man schätzt ihre Zahl auf etwa 11.000 Tiere. Dabei entfallen etwa 1000 Tiger auf verschiedene zoologische Gärten, vor allem in Europa, den USA und Japan. In Privathaltungen in den USA leben etwa 5000 Tiere und weitere 5000 in anderen Privatgehegen, vor allem in China.“