3 Notizen zu: Kunst im Lockdown II
1 Lockdown Light - und wieder sind die Ausstellungshäuser, Konzerthallen und Theater geschlossen. Die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme allerdings ist nicht allen klar, wie sowohl persönliche Gesprächen als auch Meldungen in den sozialen Medien zeigen: "Für mich gehören Museen in die Kategorie Bibliothek und nicht Zoo oder Bordell", argumentierte vor einigen Tagen etwa eine Hamburger Kuratorin auf Facebook gegen die vorgeschriebene Kunstpause. Und man mag ihr vielleicht sogar recht geben. Denn warum oft sowieso halbleere Museen nun geschlossen sind und Shopping Malls weiterhin Geschäfte machen, warum Kunstvereine zusperren mussten, während Galerien als Handelsbetriebe noch Besucher*innen empfangen, das scheint nicht wirklich zu Ende gedacht.
2 Die Debatte allerdings führt schnell auf äußerst dünnes Eis. Denn natürlich muss man hoffen, dass geschlossene Museen auch weniger Menschen auf den Straßen, in Bus und Bahn zur Folge hat und damit einen Beitrag zur Kontaktreduktion darstellen - und sei er noch so klein. Wer nun aber trotzdem versucht, der Kunst eine Sonderrolle zuzuschreiben, sie von vermeintlich banalem und damit verzichtbarem Freizeitspaß abzugrenzen und damit offen zu halten, der argumentiert in eine Sackgasse: Wäre Freizeit nicht gerade jetzt genauso wichtig wie Bildung, und muss man das wirklich gegeneinander ausspielen? Zoos sind doch ebenfalls Bildungseinrichtungen (sogar unter freiem Himmel). Auch am Grad der Notlage kann es nicht liegen: Die Lage von Sexarbeiterinnen, deren Systemrelevanz kaum jemand anzweifeln dürfte, ist so prekär wie die im Kulturbetrieb.
3 Die Öffnungsdebatte geht, so scheint es, letztendlich am Thema vorbei. Es braucht jetzt viel Geld, um zu verhindern, dass Menschen in die Armut rutschen - und das betrifft alle mit prekären Jobs, in der Kulturbranche als auch in anderen Bereichen. (Warum es gerade im Kunstbetrieb so viele davon gibt, ist dabei eine Frage, die in dem Zusammenhang bisher kaum gestellt wird). Museen sind und bleiben wichtige Orte, aber die Idee "Wir könnten doch eigentlich so weitermachen, als wäre nichts" hilft langfristig niemandem. Vor allem klingt sie nicht nach der gesamtgesellschaftlichen Solidarität, die man sich aus dem sonst so woken Kunstbetrieb wünschen würde.
Text: Raphael Dillhof