Auf rhizome.hfbk.net: Die neue Tresen-Kolumne
Die große Chance
Neulich wurden D. und ich eingeladen, eine Ausstellung / oder ähnliches in Berlin zu veranstalten. Uns wurden 250 Euro angeboten, davon sollte allerdings alles bezahlt werden inklusive wir selbst. Ich habe dann abgesagt mit der Begründung, dass ich für 250 Euro ja nur die Fahrkosten und eine Übernachtung bezahlen könne, ohne dass irgendetwas anderes im Raum passiert. Daraufhin schrieben sie begeistert zurück, ich könne ja genau das zum Thema meines Abends machen. Klar, ich kann auch mit dem Flixbus fahren. Klar, ich kann auch bei Freunden wohnen. Da ich die Veranstalter_innen nicht kannte, empfand ich das Spekulieren auf meine amicalen Strukturen eher merkwürdig. Und was soll das sein: ein Abend, an dem ich im leeren Raum sitze und erzähle, dass das Geld für nicht mehr gereicht hat?
Im Gegensatz zu den Veranstalter_innen glaube ich nicht daran, dass so etwas als Protest durchgeht. Es bleibt schlecht bezahlte Arbeit. Viele Menschen, die ich aus dem Kulturarbeitsmilieu kenne, haben Jobs, in denen sie nach Stunden bezahlt werden. Keine Arbeit, kein Geld. Eine solche Einladung generiert also nicht nur keinen Gewinn, sie generiert Verlust. Auch wenn A. mir neulich nachts auf der Treppe ihres Hauseingangs von der Ausstellungseinladung erzählt, die ihr als große Chance verkauft wurde: keine Fahrkosten, keine Übernachtung, kein Honorar, kein Transport. Die große Chance ist die Währung unserer Klasse. Und ganz ehrlich, ab einer gewissen Menge liest niemand mehr die Ausstellungsbeteiligungen im CV durch. Es wird ein undurchsichtiger Haufen von Zeichen. Es gibt auch gar keine Abmachung, dass die Ausstellungsbiographie tatsächlichen Urkundencharakter hat.
Warum also nicht einfach schummeln, sich zusammenschließen und sich die Credits teilen? Die meisten Künstler_innen, Kurator_innen etc. sind sowieso im laufenden Dialog mit ihren Peers. Also reicht es, wenn Freundeskreise oder andere Zusammenschlüsse jeweils eine Person mit ihrer Arbeit entsenden, sich den monetären Verlust teilen und sich dann alle die Beteiligung in ihre Listen schreiben. Niemand muss hier alleine leiden. Das ist vielleicht wirklich die große Chance.