Die Tresen-Kolumne: Endless Space
Endless Space
Ich habe geträumt, ich hätte eine Ausstellung gemacht, die wahnsinnig erfolgreich war. Ich habe eine total bescheuerte Installation gezeigt: Von jedem Möbelstück und jedem Ding meines Zimmers sägte ich den untersten Zentimeter ab und arangierte diese flachen Plättchen im Raum, so dass überall nur kleine hölzerne oder eiserne Rechtecke lagen. Darum goss ich eine hohe Mauer aus Beton und dekorierte das ganze mit bunten Leuchtstoffröhren. Der ganze Zauber fand bei Johann König statt, also dem Galeristen, nicht dem Komiker. Es kam der Attaché einer großen Sammlung auf mich zu, gekleidet in einem spitzenbesetzen Frack des Rokoko und meinte, ich solle den Sammler am nächsten Tag unbedingt anrufen, er habe Großes mit mir vor. Leider schlief ich nach dem Kraftakt der Ausstellung drei Tage am Stück und vergaß darüber den Anruf. Vielleicht sollte ich solchen künstlerischen Traumideen nachgeben, auch wenn sie sich als No-Brainer entpuppen. Man könnte dann schreiben: „Mit seiner neuen Werkserie „Endless Space I – 3-Dimensional-Dilemma, 2019, Bronze, Holz, Edelstahl, Zement, Maße variabel“ lotet der globalisierungskritische Künstler die Grenzen des erfahrbaren Raumes aus. Die Reduktion auf den Kontaktpunkt zwischen Gegenstand und Umwelt fungiert dabei gleichermaßen als Metapher zwischenmenschlicher Interaktion und Referenzraum kunstgeschichtlicher Exegese. Gerade das Oszillieren zwischen den unscharfen Grenzen des Spannungs-und Überschneidungsfeldes von Installation und plastischer Malerei entlarvt dabei die Erzählung des singulären Künstler-Ichs als neoliberale Trope. Mit der bedeutungsschweren Technik des Zerschneidens lebenswichtiger Gegenstände macht der Künstler auf die destruktiven Bedingungen der eigenen Arbeit aufmerksam und lädt die Betrachtenden ein, sich auf die kathartische Suche nach den eigenen lebensrealen Zerstörungpotenzialen zu machen.“ Fertig ist das Paket. Falls es jemand benutzen möchte: immer gern. Ihr solltet euch allerdings nach der Ausstellung unbedingt einen Wecker stellen, damit ihr den Anruf beim Sammler nicht verschlaft.