stringfigures@rhizome.hfbk.net: „[…], so bleibt das Ausstellen doch ein Experimentieren mit Weltzugängen.“
„[…], so bleibt das Ausstellen doch ein Experimentieren mit Weltzugängen.“ (Ludger Schwarte, Politik des Ausstellen, Uhlenhorst 2019, S. 32)
Ausstellungen sind die Festung der Einsamkeit. Es gilt diese Einsamkeit auszuhalten. Einer war neulich auf dem Karstadt. Er bot einen Workshop während des Sonnenuntergangs an. Er ist Künstler oder beides und sein Workshop ist künstlerischer Natur. Sind es Ausstellungen? Es kam niemand. Ich wusste davon, hatte es flüchtig auf Facebook gelesen und gedacht wow. Er macht gute Sachen, dieser N. Dachte, ich gehe da mal vorbei. Habe es dann wieder vergessen. Wie so vieles. Dann saß ich zu Hause, mein Sohn schlief bereits, nachdem er dreißig Minuten traurig geweint hat, weil er nicht gesehen hatte, dass ich am Nachmittag auch ein Eis hatte. Ich hatte Vanille und er Zitrone mit Streuseln. Er dachte aber, ich habe keins gehabt, sonst hätte er ja probiert. Darum war er traurig. Ich konnte es dann ja aber auch nicht mehr ändern, mit dem Eis, das längst in meinem Magen war. Als er schluchzend eingeschlafen war, las ich eine Nachricht von N. (wir schreiben uns fast nie):
“Bin oben am Karstadt - allein.”
“Oh je … no endjoy?”
“Doch, solitude halt”
Und dann saß ich da zu Hause, müde, verschwitzt und nicht so, als wäre ich auf einer Vernissage, und war teil eines Workshops. Ganz kurz nur. Ich habe teilgenommen. Teilgehabt. Einen Teil beigetragen. Ein Gefühl gehabt, einen Sonnenuntergang gesehen, auf einem Foto, von einem Ort, an dem ich schonmal war, ein Gefühl gehabt von allen Sonnenuntergängen meines Lebens. Habe an meine Dekonstruktionsversuche von Sonnenuntergängen und Horizonten gedacht, habe ganz tief in meinem Herzen einen Sonnenuntergang gefühlt, sehr stark, sehr horizontal. Habe an Michaela Ott gedacht, wie sie mich damals für immer beeindruckt hat mit dem Satz „Nichts ist sicher. Nicht mal der Sonnenaufgang morgen.“ Und ich war so glücklich, dass sie mich vielleicht verstanden hat und ich sie. Habe an Horizonte gedacht und dass man die doch auflösen muss, sonst gibt es keine anderen Ideen.
„Das Herz, schreibt Nancy, ist das „Organ, das, um zu begreifen, ergreifen und sich ergreifen lassen muss.“ Anders als der reine Verstand - aber, existiert er? - kontaktiert das Herz ein Außen, das sich als elementare Unbestimmtheit, als Ozean der Gefühle und Wüste inkommensurabler Affekte, beschreiben lässt. Es ist selbst ein Affekt und lässt sich effizieren, es riskiert zu verunsichern, zu bedrängen, zu verstören, wie es auch riskiert, verunsichert, bedrängt, verstört zu werden.“ (Marcus Steinweg, Philosophie der Überstürzung, Merve Verlag Berlin, 2013, S. 9)
https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSd8XjK_nx7Z-ETBbWw79piSehM4CzVNB4vHen-H0A7xdOFF6Q/viewform
„Etwas ausstellen heißt also vor allem: es aussetzen. Etwas riskieren. Es preisgeben. Das Ausstellen überantwortet etwas einem Testen, einer temporären Aneignung, einem unkontrollierten Gebrauch, wobei das Publikum nicht präsent sein muss, sondern nur eingeräumt, ermöglicht, zukünftig.“ (Ludger Schwarte, Politik des Ausstellen, Uhlenhorst 2019, S. 14f)
Das Risiko, sich auszusetzen und verletzlich zu zeigen ist jedes Mal hoch bei einer Ausstellung. Es gibt immer wieder Situationen, in denen ich vergesse, warum ich etwas wo gezeigt habe. Ich überstürze fast alles - freiwillig und mit einer Absicht, die ich nicht recht erklären will. Es wäre zu überlegt. Manchmal treibt es mich zur Verzweiflung. So viel Vernunft in meinem Umfeld, Leute, die argumentieren, die sich nur kontrolliert preisgeben. Ok - das finde ich ok. Manchmal verwirrt es mich. Aber berührt bin ich von Menschen, die sich selbst neben die Spur bringen. Ich denke hier auch an die Arbeiten von Utz.
http://textprojekt.blogspot.com/2018/03/neue-veroffentlichung-o-superman.html
http://luecke-blog.org/o-superman-raphael-dillhof/
Seine Arbeiten bringen mich in Gefahr. In eine moralische Debatte, ich frage mich, ich ängstige mich.
Im mom artspace zeigte er eine selbst gebastelte Angel. Sie kam mir bekannt vor. Auch das Schild und der Plastikbecher. Ich fragte: „Ist das von dem Punk in der Schanze?“ - „Ja.“ - „Hast du es ihm geklaut?“ - „Ich glaube schon.“ Ich stellte mir Utz sogleich vor. Wie er an dem Punk vorbei rennt und ihm seine Utensilien entreisst. Oder hat er ihn vorher gefragt? Finde ich das ok? Alles für die Kunst? Aber was ist mit alles für den Punk? Alles für die Gerechtigkeit? Alles für Spenden? Alles für ‚niemandem was nehmen‘?
https://deskgram.net/p/1889386168928690582_4112769244
„Der Akt des Exponierens geht unvermeidlich einher mit dem Risiko des Verlustes, wenn das Exponat der Öffentlichkeit überantwortet wird.“ (ebd., S. 31f) könnte man hier auch doppeldeutig verstehen.
„Kunstausstellungen sind Operationen im und am öffentlichen Raum. Sie verändern dadurch das Verhältnis des Sicht- und Sagbaren und in diesem Sinne kommt ihnen eine inhärente Widerständigkeit zu. […] Kunstwerke stellen darüber hinaus Parcours der Selbstbestimmung, Übungsfelder der Autonomie […] Keineswegs ist Kunst nur dann wichtig oder überhaupt Kunst, wenn sie widerständig ist. […] sondern die Erscheinung des Irgendwas aus einem Arrangement widerstreitender Qualitäten und die daraus resultierende Heraus - und Überforderung der Sinne, sodass etwas, das noch nicht ist oder sein konnte, Realität gewinnt, steht meines Erachtens im Zentrum künstlerischer Aktivität.“ (ebd., S. 46f)
Gréyalisateur, Dozing Artist und Sleep Talent Nicolaas Doering-Dream-Schmidt gibt zum ersten Mal öffentlich Einblick in seine Arbeitsweise und Techniken des entspannten Beobachtens, Verweilens und Genießens von Momenten der Langeweile&Beliebigkeit. In praktischen Übungen bietet er Tipps und Beispiele – angefangen vom bewussten Erkennen geeigneter Gelegenheiten zur Ablenkungsbefreiung, der Fähigkeit des Einlassens&Aushaltens von vermeintlich "allzu Bekannten" oder auch "Unbekannt-Anderem", bis hin zu Hilfestellungen für das perfekte Schmozing, der Fähigkeit des zwanglosen Schließens der Augenlider, als Grundlage für eine natürliche Schlaferscheinung des gesamten Gesichts. Am klassischen Beispiel des ewig richtigen Augenblicks von Ruhe&Resignation – dem Untergang der Abendsonne, tauchen wir weiter in die Materie: Einen Sonnenuntergang mit unbekannten Menschen Seite an Seite gemeinsam erleben, ohne verbale Kommunikation, wie geht das? Was macht einen guten Sonnenuntergang aus? Wie kann ich im Vorfeld herausfinden, ob Sunset&Nightfall so intensiv versprechen zu werden, dass ein Vor-die-Tür-gehen/bleiben lohnt? Wann beginnt die sog. Goldene Stunde? Was ist der optimale Verweilplatz? Wie stark kühlt es nach dem Untergang ab? Was ist geeignete Funktionskleidung? In diesen für alle Menschen* ausgerichteten Workshop werden in praktischen Übungen die Grundlagen des gemeinsamen Sunsettings erforscht. Inspiriert von Natur, Kunst, Film und Farben entwickelt Nicolaas Doering-Dream-Schmidt zusammen mit den Workshop-Teilnehmenden seinen Arbeitsansatz aktiv weiter – für den Moment und die Gruppe. fb.com/groups/endjoy ORTE Hamburg Eimsbüttel: Karstadt Osterstraße Hamburg Barmbek-Süd: Hamburger Meile, Platz der Einsamen Herzen Berlin Moabit: Hamburger Bahnhof, Invalidenstraße WEB endjoy.org fb.com/enjoyendjoy