Geschichte der Aula
Das bauhistorisch bedeutsame Gesamtkunstwerk wurde 2013 vollständig wiederhergestellt
Sie ist das Herzstück des 1913 eingeweihten Hochschulgebäudes: die von Fritz Schumacher als architektonisches Gesamtkunstwerk entworfene Aula. Ihre farbenfrohe Ornamentik war seit den 1950er Jahren unter einem grau-weißen Dispersionsanstrich verschwunden, der Raum hatte unter einem teilweise rücksichtslosen Gebrauch stark gelitten. 100 Jahre später, gerade rechtzeitig zu den Hundertjahrfeiern für das Gebäude, wurde dieser wertvolle Hauptsaal der Hochschule für bildende Künste komplett restauriert und in den Originalzustand zurück versetzt.
Die vollständige Restaurierung zog sich über fünf Jahre hin. In einem ersten Schritt konnte die HFBK seit 2008 zunächst das beeindruckende Monumentalfries »Die ewige Welle« instandsetzen lassen. Das sich über drei Wandflächen in der Aula erstreckende Wandgemälde des Malers Willy von Beckerath, in der Zeit zwischen 1912 und 1918 entstanden, stellt symbolisch den Aufstieg und Fall einer Kulturepoche dar. Dank der Unterstützung durch die Stiftung Denkmalpflege Hamburg und der Mittel aus dem Konjunkturprogramm II der Bundesregierung wurde das insgesamt 44 Meter breite und 4 Meter hohe Bild gereinigt und restauriert, so dass es wieder in seiner ursprünglichen Farbenpracht leuchtet.
Nach ersten Farbproben und vor allem dem Einwerben der benötigten Gelder konnte endlich die umfassende Sanierung und Wiederherrichtung der Innenarchitektur der Aula angegangen werden. Der imposante Raum – 24 Meter lang, 11 Meter breit, bei 9 Meter Deckenhöhe – gilt als einzigartiges Gesamtkunstwerk aus Malerei und Architektur, das programmatisch im Geist eines erstarkten bürgerlichen Selbstbewusstseins am Beginn einer neuen Epoche geschaffen wurde, und zwar als bewusstes Gegenüber zu der historisierenden Rathausarchitektur mit ihrem Kaisersaal.
Der Architekt, der weltbekannte Hamburger Oberbaudirektor Fritz Schumacher, Mitbegründer des Deutschen Werkbundes, legte dabei den Anspruch der Kunsthochschule zugrunde: Junge Künstlerinnen und Künstler individuell so zu fördern, dass sie mit ihrer Kunst dereinst allumfassend in das Leben und die Gesellschaft wirken.
Seit Jahresbeginn 2013 arbeiteten die Handwerker und Restaurateur*innen intensiv daran, die einmalige Innenarchitektur mit ihrer üppig-dekorativen Ausmalung wieder aufleben zu lassen. Sie stellten die ursprünglich mit Ornamenten in Schwarz und Gold fein verzierten Deckenfelder auf einer Fläche von rund 300 Quadratmetern wieder her. Die Holzvertäfelung der Wände unterhalb des Beckerath-Gemäldes mit ihren 123 aufwendigen Kassettentüren wurde repariert und nach dem Originalkonzept lackiert, ebenso die vier raumgliedernden Elemente, die jeweils aus einer Schauvitrine und einer Säule bestehen und gleichfalls mit Goldbändern und schwarzen Punkten verziert sind.
Besonders ins Auge fallen die jetzt wieder blau ausgemalten Fensterlaibungen und die vielfarbigen Ornamentbänder zwischen den Fenstern sowie in den Raumecken. Die Farbgebung verleiht der Aula wieder ein mehr festliches Gepräge gegenüber der nüchternen Anmutung eines »Vielzwecksaals«, die sie in den vergangenen rund 60 Jahren hatte.
Der einstmals prächtige, jedoch vollkommen ramponierte Stabparkettboden aus Eiche mit einem umlaufenden Rautenmuster in Walnussholz war größtenteils nicht zu retten – er musste auf einer Fläche von 250 Quadratmetern komplett ersetzt werden.
Die enormen Investitionen waren nur möglich durch die großzügige Unterstützung vor allem der Hubertus Wald Stiftung sowie der Hermann Reemtsma Stiftung, der Stiftung Denkmalpflege Hamburg, der Hamburger Sparkasse und der Karl H. Ditze Stiftung.
Von Seiten der Hochschule wurde das Vorhaben von Tillmann Bingel, dem verantwortlichen Mitarbeiter für Gebäude- und Bauangelegenheiten, betreut.
Der Wandbildzyklus »Die ewige Welle«
Willy von Beckeraths Wandfries »Die ewige Welle« stellt in einer Folge von 8 Bildern den Aufstieg und Fall einer Kulturepoche symbolisch dar. Von Beckerath lehrte von 1907 bis 1931 an der Hochschule, damals noch Staatliche Kunstgewerbeschule, und leitete die Klasse für »Figürliche Wandmalerei«. Beeinflusst von den Ideen der Reformbewegung befürwortete er, die Unterschiede zwischen »hoher« und angewandter Kunst zu überbrücken. Für sein Hauptwerk »Die ewige Welle« strebte von Beckerath eine Verschmelzung von Architektur und Malerei an, indem die Leinwand so in die Gebäudewand eingelassen ist, dass letztere zur Grundfläche für die dekorative Malerei wird.
Spuren einer symptomatischen Verspätetetheit - Die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Sigrid Weigel über Brüche in der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von Willy von Beckeraths Bilder-Zyklus Die Ewige Welle und das besondere Engagement des Kulturwissenschaftlers Aby Warburg dabei. Den Vortrag, gehalten im Oktober 2013 zur Einweihung der restaurierten Aula der HFBK Hamburg, finden Sie hier zum Download:
Sigrid Weigel, Aby Warburgs Arazzo von Beckerath – Eine Florentiner Konstellation in Hamburg vor 100 Jahren, 2013 (überarbeitet 2022)